
Ich habe schon häufiger die Route geändert - meistens aus dem einfachen Grund, dass ich die Stadt gewechselt habe oder es einen Umbruch wie zum Beispiel das Ende des Studiums gab. Neuorientierung, alles neu aufbauen. Das ging mir vor allem so als ich vor 4 Jahren von Köln nach Hamburg zog. Erst mal wieder gejobbt, Kaffee gemacht, Klamotten verkauft und bei null anfangen obwohl man sich vorher durchaus schon was aufgebaut hatte. Aber DIE Stelle gibt es bei uns Kreativen ja meist nicht. Es dauerte länger als ich dachte aber ganz stetig habe ich mir hier im Norden mein Netzwerk aufgebaut, neue Jobs gefunden und kann mittlerweile sagen, ganz gut zu tun zu haben. Meine Route führt also nun schon länger geradeaus, erst auf einer Huckelpiste, mittlerweile ist es schon eine Schnellstraße geworden und so gleite ich routiniert immer weiter in eine Richtung - mittlerweile in so einem Tempo, dass ich immer häufiger vergessen habe, nach links und rechts zu schauen. Und in letzter Zeit ist mir das mal wieder bewusst geworden. Da drängt sich unweigerlich der Gedanke auf, ob es nicht mal wieder Zeit zum innehalten ist, mal stillstehen und in sich hineinhorchen ob das alles gut so ist wie es ist oder ob man den Wunsch nach Veränderung verspürt. Ob man vielleicht doch noch mal links oder rechts abbiegen möchte oder den sicheren, bekannten Weg nimmt. So geht es mir gerade ein wenig - ich habe so viele Ideen und Dinge, die mich interessieren. Ich habe Lust, mich weiter zu entwickeln und neue Bereiche für mich zu erforschen. Ich habe auch schon einige konkretere Ideen aber bevor die nicht spruchreif sind, will ich hier lieber keine vagen Versprechungen machen denn wirklich ausgereift ist noch keine davon.
Und etwas Neues anzugehen heißt ja nicht, alles Alte fallen zu lassen - mir macht mein Beruf ja Spaß aber es reizt mich einfach, noch mal die Huckelpiste zu fahren, die parallel zur Schnellstraße geht, einen Gang runter zu schalten um wieder etwas mehr die Landschaft zu beobachten und darin Dinge zu sehen, die mir vorher nicht aufgefallen sind.
Klar kann man sagen, alles was man tut wird irgendwann zur Gewohnheit und ist nicht mehr total aufregend. Ich spreche auch nicht davon jeden Monat etwas anderes zu wollen und bin kein rastloser Typ, aber an bestimmten Punkten ist es gut, ehrlich zu sich zu sein und wenn das Herz spricht, hinzuhören.
Daneben ist Veränderung im persönlichen Sinne immer eine Art von Fortschritt, selbst wenn sie erst einmal als Rückschritt erscheinen kann. Mein Umzug nach Hamburg war zum Beispiel finanziell erst einmal ein absoluter Rückschritt - trotzdem sehe ich diesen Schritt damals als Fortschritt, weil ich genau das damals getan habe: ich habe auf mein Herz gehört und bin meinem Bauchgefühl gefolgt. Und es war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte!
Diese Erfahrung zeigt mir: Veränderungen sind gut, sie halten uns wach, unseren Geist lebendig, unsere Sinne geschärft. Wenn jemand einfach mit dem zufrieden ist, was er oder sie schon seit Jahren oder Jahrzehnten macht, finde ich das toll und bewundernswert. Wenn man aber einfach nur seine Wünsche und Ideen ignoriert oder unterdrückt, dann finde ich das feige und bequem (jedenfalls in unserer Wohlstandsgesellschaft, in der man meist doch die Wahl hat; die haben natürlich nicht alle Menschen auf der Welt!).
Natürlich ist man als Musiker auch manchmal zu Veränderungen gezwungen, weil Band A nicht mehr so gut läuft, Studio B jetzt einen jüngeren Gitarristen anruft oder Musikschule C rücklaufende Schülerzahlen hat. Klar sind diese extrinsisch motivierten Veränderungen eine völlig andere Sache und können einem schlaflose Nächte bereiten statt den Geist lebendig zu halten - ich spreche daher auch von dem intrinsisch angetriebenen Wunsch nach Veränderung. Besteht der, dann hört auf diesen Wunsch - man kann ja auch mit kleinen Veränderungen beginnen und muss nicht gleich sein ganzes Leben umkrempeln.
Ich muss mir dabei auch immer mal wieder an die eigene Nase packen - nur Ideen haben nützt ja nichts, die muss man dann auch konkretisieren und anpacken. Dieses Mal möchte ich nicht komplett die Route ändern - ich muss eher gerade noch ausloten, ob ich die rechte oder linke Huckelpiste parallel zur Schnellstraße nehme aber eine davon wird es werden :)
In diesem Sinne: Lieber mal vom Weg abkommen als sich gar nicht bewegen (Hans Satt).
Wie geht es euch mit dem Thema „in Bewegung sein“ ? Habt ihr den den "zyklischen" Wunsch nach Veränderung oder seid ihr in Frieden mit eurem geregelten Leben?